»Das Herz sitzt über dem Popo. –
Das Hirn überragt beides.«
Joachim Ringelnatz
Geboren 20.5.1849 in Jena; gestorben 15.1.1918 in Leipzig
Georg Bötticher erblickte am 20. Mai 1849 in Jena das Licht der Welt. Sein Vater, Pfarrer in Görmar bei Mühlhausen, verstarb kurz vor seiner Geburt. So wuchs er zuerst im Hause seiner Großeltern auf. Nach dem Tod der Großeltern mußte seine Mutter die Erziehung ihrer beiden Söhne Karl und Georg aus finanziellen Gründen wohlhabenden Verwandten übergeben. Georg Bötticher wurde von seinem Großonkel Dr. Runde in Dresden erzogen und verlebte eine leidvolle Schulzeit.
Von einem Verwandten (wahrscheinlich Carl Georg Bötticher, Architekturtheoretiker und Archäologe) bekam er den wegweisenden Rat den Beruf des Musterzeichners zu erlernen. 1863 bezog er das Dresder Polytechnikum für Musterzeichnen. Jahre später erinnerte er sich dankbar: „Der Rat meines Verwandten hat mein ganzes Leben glücklich gestaltet. Einen meinen innersten Neigungen entsprechenderen Beruf hätte ich nicht wählen können.“
1866/67 besuchte er die Chemnitzer Webeschule und arbeitete anschließend in einer Webwarenfabrik. 1869 ging er nach Paris in ein Atelier für gewerbliche Kunst. Mit Ausbruch des deutsch-französischen Krieges kehrte er nach Deutschland zurück und lebte in Dresden, Mannheim und Jena. Auf der Weltausstellung 1873 in Wien feierte Georg Bötticher Erfolg mit seinen Tapetenentwürfen im Renaissance-Stil. Für große Beachtung sorgte seine 1875 erschiene Mappe „Original-Compositionen zu Flachmustern“ für die sich entwickelnde deutsche Tapetenindustrie.
Als er 1875 das Angebot der Wurzener Firma August Schütz annahm, als Chefzeichner neue Muster für Tapeten zu entwerfen, war er bereits ein gefragter Fachmann und lieferte Entwürfe nach Paris, Schweden, Rußland und Amerika. Originale Musterzeichnungen von Georg Bötticher wurden 1999 im Archiv der Wurzener Teppichfabrik aufgespürt und sind im Besitz des Museums Wurzen.
1876 heiratet er die entfernte Verwandte Rosa Marie Engelhart. Die Familie bewohnte das 1. Obergeschoss des barocken Wohnhauses Im Crostigall 396 (heute: Ringelnatzhaus) an der alten Handelsstraße. In Wurzen wurden seine drei Kinder geboren.
1888 übersiedelte die fünfköpfige Familie Bötticher in die nahegelegene Messe- und Buchstadt Leipzig. Hier pflegte Georg Bötticher einen großen Freundeskreis. Er war mit Detlev von Liliencron befreundet und führte u.a. mit Fontane, Raabe und Freytag einen regen Briefwechsel.
1905 gibt der angesehene Musterzeichner sein Atelier in der Leipziger Fregestraße auf und konzentrierte sich auf literarische Arbeiten. Ab 1901 gab er den damals sehr beliebten Auerbachs Kinderkalender heraus und veröffentlichte vorwiegend in Reclams Universalbibliothek humoristische Erzählungen und schnurrige Gedichte in sächsischer Mundart. Er schrieb auch kultur- und literaturhistorische Aufsätze.
Georg Bötticher starb 1918 im Alter von 69 Jahren in Leipzig. An ihn erinnert eine Gedenktafel an der Rückfront des Alten Rathauses. 1919 enthüllte die Leipziger Künstlervereinigung „Leoniden“ eine von Carl Seffne gefertigte Gedenkplakette mit den Porträts von Georg Bötticher und Edwin Bormann. (vgl. Link unten).
„Ich wurde dann in sein Zimmer gerufen, wo er am Schreibtisch saß. Er begann mit strengen, sachlichen Worten, die, je zerknirschter sie mich machten, immer weicher wurden. Bis ich in Tränen ausbrach, worauf mein Vater seinen Klemmer verlor, meinen Kopf an seine stachlige Backe zog und sich selber Tränen aus den Augen wischte. Mit irgendeiner versöhnlichen und gütigen Betrachtung oder Ermahnung entließ er mich dann.- Wir Kinder liebten „Väterchen“ über die Maßen.“ (Joachim Ringelnatz über seinen Vater in „Mein Leben bis zum Kriege“
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