»Das Herz sitzt über dem Popo. –
Das Hirn überragt beides.«
Joachim Ringelnatz
Längst ist es kein Geheimtipp mehr: Mit einem Spaziergang über den Ringelnatz-Kunstpfad bereichert man jede Familienfeier und jedes Ehemaligentreffen. Sein Mix aus Stadtgeschichte, humorigen oder nachdenklichen Versen vom Dichter aus Wurzen und einmaligen Kunstwerken übt starken Reiz auf Gäste aus. Nun bekommt der von Vereinen geschaffene, überwiegend aus Spenden und Fördergeldern finanzierte Pfad eine neue Dimension – er wird zum Musikspaziergang. Reinhören kann jedermann mit einem Smartphone, denn jede der 13 Säulen bekommt einen QR-Code als Zugang zur passenden Musik. Gestartet wird das musikalische Pilgern zum RingelnatzSommer 2020.
Geboren wurde die Idee 2016 bei der feierlichen Übergabe des Pfades an die Stadt. Die Leipziger Musikerin und Komponistin Ingeborg Freytag machte mit Spontankompositionen den Rundgang zum unvergesslichen Musikerlebnis. Seither begleitet sie zu jedem RingelnatzSommer den Rundgang mit ihrer Geige und spontan entstehenden Werken. Diese Augenblicksmusik ist zu schade zum Verklingen nach einem Mal, fand sie schließlich, und bot dem Ringelnatz-Verein an die Kompositionen dauerhaft zu fixieren und dem Pfad quasi eine neue Kunstdimension hinzuzufügen. Wahrscheinlich eine in Deutschland einmalige dee, erkannte der Ringelnatzverein und machte sich auf den Weg, Geld für die Komponistin aufzutreiben. Offene Ohren fand er beim Landkreis und in der Stadt Wurzen über den Stadtfonds „Aktives Wurzen“.
Ingeborg Freytag ist zum Komponieren tief in die Stadt Wurzen, ihre Geschichte und in Ringelnatz‘ Werk eingetaucht, hat sich in seine Texte und deren Vertonungen eingehört und Stadt- und Naturgeräuschen nachgespürt. Sie hat komponiert, verworfen, neu angefangen. Nun ist viel mehr als ihre Geigen zu hören. Sie singt, dank der Technik auch mehrstimmig mit sich selbst, verarbeitet Geräusche und Klänge aus Wurzen, lässt Brunnenwasser rieseln und setzt Percussions-Instrumente ein. 13 unverwechselbare Klangteppiche breitet sie an den Stelen aus. Bisweilen fängt sie Ringelnatz‘ Fernweh ein, mit der Cayamba aus Madagaskar mit Wellenrauschen und dem Klicken von Segelleinen am Mast. „Ich habe meine Freude mit hineinkomponiert“, sagt sie.
Denn Freude habe es gemacht, die Ringelnatzfans der Stadt zu unterstützen bei ihrem Anliegen, Ringelnatz in seiner Geburtsstadt lebendig zu halten. Freude haben die Rundgänge und Entdeckungen in Wurzen gemacht, etwa der große geschichtliche Bogen ins Heute, den man am Domplatz spüren kann. Ausprobiert hat sie den musikalischen Pilgerweg auf Ringelnatz‘ Spuren zunächst selbst und genossen, wie sich die Geräusche des Wurzener Alltags beim Zuhören mit ihrer Musik vermengen. „Es ist wie das Leben, es entsteht ständig spontan Neues“, lacht sie. Und natürlich hat sie Ringelnatz‘ Verse vom Fiedelbogen in den Rundgang eingewebt.
Wo? Das kann man ab 2. August selbst herausfinden. 11 Uhr, mit Treffpunkt am Markt, wird der musikalische Part eingeweiht. Anmeldungen nimmt die Tourist-Info entgegen. Smartphone und Kopfhörer sind erforderlich. Die Künstlerin stellt ihr Werk selbst vor. Und am 9. August zur gleichen Zeit wird zum zweiten Teil des musikalischen Pilgerns geladen.
Wer dabei sein möchte, die Plätze sind begrenzt und auf Abstand wird geachtet. Und danach kann jedermann die QR-Codes nutzen und selbstständig in Tönen und Klängen unterwegs sein auf dem wohl deutschlandweit einmaligen stadtgeschichtlichen Kunstpfad mit Versen und Plastiken, Noten und Klängen.
Der Joachim-Ringelnatz-Verein e.V. wurde 1992 in Wurzen (Sachsen) gegründet. Der Verein organisiert Kleinkunst, Ausstellungen, Vorträge, Lesungen und viele andere Veranstaltungen rund um Joachim Ringelnatz und dessen Geburtshaus in Wurzen sowie den alljährlichen RingelnatzSommer in Wurzen.
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