»Wir sind oft unbefriedigt, weil
Wir übersicher witzeln.«
Joachim Ringelnatz
Zum 85. Todestag von Joachim Ringelnatz
„Wie ist es uns ergangen, vergesst es nicht in bess‘rer Zeit“ – mit diesem Spruch auf der Schleife eines Gestecks reisten neun Mitglieder des Wurzener Ringelnatz-Vereins kurz vor dem 85. Todestag von Joachim Ringelnatz nach Berlin. Auch für Muschelkalk, beerdigt auf dem gleichen Friedhof bei ihrem zweiten Mann Julius Gescher, hatten die Literaturfreunde eine Rose im Gepäck.
Auf dem Waldfriedhof an der Heerstraße in Berlin sind auch viele von Ringelnatz‘ Freunden, Förderern und Zeitgenossen bestattet, oft in Ehrengräbern wie Ringelnatz, deren Pflege die Stadt Berlin übernimmt. Deshalb hatte sich der Verein für seinen Besuch an den Grabstätten einen kundigen Führer, den Berliner Literaturwissenschaftler Paul Alfred Kleinert, zur Unterstützung geholt. Fast drei Stunden dauerte dann auch die Wanderung zu den berühmten Namen der Künstler des 19. und 20. Jahrhunderts auf Grabsteinen und Grabplatten. Nicht alle waren mit Ringelnatz bekannt, aber alle prägten seine Lebenszeit kulturell – Georg Grosz und Paul Cassierer, Paul Wegener oder Georg Kolbe, Frauen wie Tilla Durieux oder Thea von Harbou.
Während sich der Literaturwissenschaftler Kleinert an Ringelnatz‘ Grab für seine berühmten Verse An M. entschieden hatte, trug Viola Heß, Vorsitzende des Ringelnatzvereins, sein nachdenkliches Gedicht über „Freunde, die wir nie erlebten“ vor und berichtete von der Sanierung des Geburtshauses in Wurzen und den Plänen nach der Wiedereröffnung.
Das Grab seiner Frau hingegen, beschriftet mit dem ihr lieb gewordenen Kosenamen Muschelkalk, war nicht leicht zu finden. Der Verein gedachte hier der belesenen und sprachkundigen Partnerin von Ringelnatz, die nur 14 ihrer 79 Lebensjahre an seiner Seite verbrachte, die aber das Werk des vielseitigen Künstlers katalogisierte, zusammenhielt und für den Nachlass sorgte, während sie für sich und ihren Sohn aus zweiter Ehe durch literarische Übersetzungen den Lebensunterhalt sicherte. Gerade hatte sich der Geburtstag der 15 Jahre jüngeren Gefährtin von Ringelnatz am 5. November zum 121. Male gejährt. Die Ringelnatzfreunde dankten ihr mit einer Rose.
Der Joachim-Ringelnatz-Verein e.V. wurde 1992 in Wurzen (Sachsen) gegründet. Der Verein organisiert Kleinkunst, Ausstellungen, Vorträge, Lesungen und viele andere Veranstaltungen rund um Joachim Ringelnatz und dessen Geburtshaus in Wurzen sowie den alljährlichen RingelnatzSommer in Wurzen.
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